Selbst mit 75 Jahren eilt Otto Seidl noch von Sieg zu Sieg: Er ist die Nummer eins in den drei Seniorenteams Herren 60, Herren 65 und Herren 70 im TC Rot-Weiß Cham. Im Mai feierte der antrittsschnelle und lauffreudige Ausnahmespieler, der seine Gegner gerne mit gefühlvollen Volleybällen unter Druck setzt, seinen 75. Geburtstag, was aber seiner Spielstärke keinen Abbruch tat. Denn Otto Seidl ist nach wie vor „wieselflink“ auf den Centre Courts in ganz Bayern unterwegs.

Seidl gewann in der diesjährigen Medenrunde des Bayerischen Tennisverbandes bis auf zwei Ausnahmen alle seine Einzel für den TC Rot-Weiß Cham. Die Niederlagen gegen den früheren Deutschen Meister Dr. Küß und gegen den Neutraublinger Josef Hilz kassierte er nur, weil er der jeweiligen Mannschaft zuliebe angeschlagen ins Match ging. Die Niederlage gegen Hilz war allerdings folgenschwer, denn das Herren 70 Team verlor das Oberpfalzderby und verpasste damit als Landesliga-Vizemeister den direkten Aufstieg in die Bayernliga.

Eine „märchenhafte“ Bilanz

Wer im Tennisportal des BTV nachschlägt, findet bei Otto Seidl eine geradezu märchenhafte Saisonbilanz. 90 Prozent aller Einzelsiele (26 Siege, drei Niederlagen) hat er in diesem Jahr gewonnen, darunter Ende März die Herren 75 Meisterschaft im kroatischen Umag, und am vergangenen Wochenende die Senioren Open von Bad Kissingen, bei der er im Finale den an Nummer eins gesetzten Manfred Moor von Grün-Weiß Fulda mit 6:2, 4:6 und 10:5 besiegte, so dass er nun mit einer Leistungsklasse von 5,9 geführt wird. In der Deutschen Rangliste der Herren 75 firmierte Otto Seidl am 30. Juni auf Platz 40. Mit dem jüngsten Turniersieg dürfte er einige Rangstufen nach oben geklettert sein.

274 Siege und 100 Niederlagen in den Einzeln sowie 96:21 Doppelsiege weist die Langzeitbilanz des in Lam geborenen und in Bad Kötzting beheimateten pensionierten Polizeihauptkommissars aus, die 20 Jahre zurückreicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Seidl ab 2011 Stammspieler in den Regionalliga-Seniorenteams von Rot-Blau Regensburg war, die mehrmals um die Deutsche Meisterschaft spielten. Er holte sich 2014 bei einem internationalen Herren 60-Tennisturnier in Novigrad den Titel als Kroatienmeister, war Bayerischer Meister bei den Herren 65 und Herren 70, gewann 2016 in Essen im Mixed den internationalen Deutschen Meistertitel und wurde 2017 mit der Bayerischen Ländermannschaft Deutscher Meister.

Ein Tennis-Spätstarter

Otto Seidl ist ein Tennis-Spätstarter, der diesen Sport liebt wie kein Zweiter, und der seine ersten Turnierspiele ab 1981 in der vierten Herrenmannschaft von Bad Kötzting absolvierte. Doch seine Laufstärke und sein Ballgefühl ließen ihn schnell noch oben kommen. Er wurde ab Mitte der 1990er Jahre zum Punktegaranten der Kötztinger Jungsenioren-Teams, mit denen er sogar zweimal den Aufstieg in die Regionalliga schaffte.

Die Corona-Pandemie beendete Seidls Engagement beim Regensburger Regionalligisten. Endlich gab er 2022 dem Werben des Chamer Traditionsclubs nach, und schloss sich dem TC Rot-Weiß Cham an, was eine enorme Verstärkung der inzwischen drei Seniorenteams bedeutet, die heuer alle den Vizemeistertitel einfuhren.

Otto Seidl ist ein geschätzter Trainingspartner und Mannschaftskamerad. Auch außerhalb der Turniersaison ist er immer zu einem „Spielchen“ bereit. Zudem stellt er sich als Trainer für die Chamer Nachwuchstalente zur Verfügung. Sein Fazit zu seinem Vereinswechsel lautet nach nur einem Jahr: „Ich hätte schon früher zum TC Rot-Weiß Cham gehen sollen“. Ein schöneres Kompliment kann es für den größten Tennisverein im Landkreis Cham aus dem Mund seines Ausnahmespielers nicht geben.